Steuerpflicht von Projektgewinnen aus Fernsehsendungen

PDF-Version dieses Artikels (98 kB) 

Als die Sängerin Siw Inger im Jahre 1979 mit ihrem zweideutigen Liedtext "Komm, spiel mit mir" bekannt wurde, dachte noch niemand an die Spielesendungen, die seit Beginn des neuen Jahrtausends im heutigen Fernsehformat über den Bildschirm flimmerten. "Big Brother" war ein neuartiges Medienereignis. Attraktiv vor allem wegen des Spielgewinnes, der dem Sieger am Ende winkte. Der vorliegende Beitrag erläutert die zur Steuerpflicht eines solchen Projektgewinnes ergangene Entscheidung des Bundesfinanzhofes (BFH 24.4.2012 - IX R 6/10).

1. Projektinhalt und -ablauf

Der umfängliche Sachverhalt besteht im Wesentlichen darin, dass aufgrund vertraglicher Vereinbarung die Teilnehmer über einen Zeitraum - im Streitfall über ein Jahr - an einem feststehenden Ort ihren Tagesablauf und ihr Sozialverhalten bei der Verrichtung alltäglicher Dinge filmen lassen und die Verwertung hieran überlassen. Darüber hinaus verpflichtet sich jeder Teilnehmer und insbesondere der Sieger zur medialen Verwertung des Siegers nach Beendigung des Projektes.

Von den anfangs mehreren Teilnehmer müssen dann im Zeitablauf einzelne Teilnehmer aufgrund des Publikumsvotums das Projekt verlassen. Am Ende bleibt ein Kandidat als Sieger übrig. Der Projektinhalt und das Ziel des Spieles bestehen also in einer Art Medial-Darwinismus. Der Sieger erhält einen Gewinn.

nach oben

2. Steuerpflichtige Gegenleistung oder steuerfreier Spielgewinn?

Im Streitfall erhielt der Sieger einen Gewinn von € 1 Mio. Diesen Gewinn besteuerte das Finanzamt als steuerpflichtige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG. Das FG und der BFH bestätigten diese Handhabung (BFH 24.4.2012 - IX R 6/10).

Die Urteilsbegründung befasst sich zunächst mit der rechtlichen Definition sonstiger Einkünfte als eine Leistung für jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das keine Veräußerung im Privatbereich betrifft. Dies kann auch ein einmaliges Verhalten sein.

Schon hier zeigt sich die schwierige Abgrenzung, die der BFH vornimmt. Als Veräußerung im Privatbereich kann nämlich im Streitfall auch die Rechteverwertung an der Sendeaufnahme angesehen werden. Ein Entgelt hierfür wäre danach steuerfrei.

Entscheidend für die Steuerpflicht ist, ob das Entgelt (die Gegenleistung) durch das Verhalten des Steuerpflichtigen (wirtschaftlich) veranlasst ist. Ein synallagmatischer Leistungsvertrag - also Austausch von Leistung und Gegenleistung als Vertragspflicht - ist nach Ansicht des BFH nicht erforderlich.

In der Teilnahme an dem Sendeprojekt sah der BFH ein erwerbswirtschaftliches Verhalten. Dies soll auch dann vorliegen, selbst wenn der Teilnehmer bereits beim Erbringen seiner Leistung noch keine Gegenleistung erwarten kann. Diese hing im Streitfall davon ab, ob der Kandidat nach dem Urteil des Publikums weiter an dem Projekt teilnehmen durfte und zuletzt als einziger übrig blieb.

Der Kandidat schuldete seine aktive und passive Teilnahme und ständige Anwesenheit während des Projektes. Das Verhalten des Klägers war deshalb Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages, des Teilnahmevertrages. Hierbei konnte sich der Teilnehmer in der Sendung nach Belieben darstellen und in den Medien präsentieren. Hierdurch entstand ein Veranlassungszusammenhang zwischen dem Verhalten des Teilnehmers und der Auszahlung des Projektgewinnes.

Hiervon sollen sich nach Ansicht des BFH steuerfreie Einnahmen aus (Sport-) Wetten, Lotterie und anderen Glücksspielen außerhalb einer betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit unterscheiden.

Leider bleibt nach der Urteilsbegründung unklar, worin genau dieser Unterschied bestehen soll. Denn auch im Streitfall gab es eine Zufallskomponente durch das Votum des Publikums. Irritierend ist deshalb die Begründung des BFH, wonach dieser Zufall Bestandteil des Teilnahmevertrages und von vornherein eingeplant gewesen sei. Bei dieser Sichtweise müsste jede Auslobung nach § 657 BGB steuerpflichtig werden.

3. Ratespiele auch steuerrelevant?

Angesichts der ergangenen Entscheidung stehen zwangsläufig auch die Teilnahme und erhaltenen Gewinne aus anderen Sendeformaten im Blick der Steuerrelevanz. Zu denken ist an Ratespiele, bei denen die Kandidaten nach der Abgabe richtiger Antworten einen Gewinn mit nach Hause nehmen.

Stellte man wie der BFH in seiner obigen Entscheidung auf ein erwerbswirtschaftliches Verhalten der Kandidaten ab, wären auch diese Gewinne steuerpflichtig. Hiergegen spricht allerdings, dass der Gewinn nicht für das Verhalten oder die Teilnahme an der Sendung, sondern nur im Erfolgsfalle bei richtiger Antwort anfällt.

Für eine steuerliche Einordnung derartiger Gewinnspiele ist also deren Ausgestaltung mitentscheidend. Hier gibt es je nach Sendeformat unterschiedliche Formen:

  • Überwiegt das Zurschaustellen der Ratesituation oder die Wissensabfrage?
  • Ist die zutreffende Beantwortung der Fragen durch eine Zufallskomponente geprägt?
  • Welche Bedeutung haben Joker außerhalb der Sphäre des Kandidaten?
  • Ist es bedeutsam, ob Kandidaten einzeln oder gegeneinander antreten?

Der entscheidende Unterschied von Spielgewinnen aus Quizsendungen im Gegensatz zu Projektgewinnen dürfte darin bestehen, dass der Kandidat trotz seiner Teilnahme leer ausgehen kann. Die Richtige Antwort hängt auch von der Zufälligkeit der gestellten Fragen ab. Im Gewinnfall erhält der Teilnehmer das Preisgeld dann jedoch für sein erfolgreiches Wissen, nicht aber für sein Verhalten. In diesem Punkt zeigt sich, dass die Zufallskomponente als Inhalt des Teilnahmevertrages dann kein geeignetes Kriterium für die Steuerpflicht ist.

4. Zusammenfassung

Der Projektgewinn aus der siegreichen Teilnahme an Fernsehsendungen stellt als erwerbwirtschaftliches Verhalten steuerpflichtige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG dar. Ohne Belang ist, dass der Spielablauf vom Votum des Publikums abhängt und für den einzelnen Teilnehmer deshalb einen zufälligen Verlauf nimmt.

Für Gewinne aus Ratespielen ist diese Einordnung schwieriger. Hier ist das Wissen des Kandidaten und der Zufall der gestellten Fragen spielentscheidend. Damit hätten diese Preisgelder den Charakter von steuerfreien Spielgewinnen.

Im Übrigen gilt, was Hape Kerkeling schon besang: "Das ganze Leben ist ein Quiz, und wir sind nur die Kandidaten."

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen erstellt. Eine Haftung für den Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.