Unterlassene Angabe von Renteneinkünften als Steuerhinterziehung

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Die Kläger hatten in ihren Einkommensteuererklärungen 1993 bis 2006 keine Angaben zu den Rentenbezügen der Klägerin gemacht. In der Erklärung für 2007 wurde im Mantelbogen bei "Renten lt. Anlage R für Ehefrau" ein Kreuz gesetzt, die Anlage selbst jedoch nicht eingereicht. Als Beruf der Klägerin wurde in allen Jahren "Hausfrau" angegeben. Dem Finanzamt waren das Geburtsdatum und das Vorliegen von Kindererziehungszeiten - die zu einem Rentenanspruch führten - bekannt. Anlässlich der Erklärung für das Jahr 2008 erlangte das Finanzamt Kenntnis von den zurückliegenden Rentenbezügen und änderte die Steuerfestsetzungen der Jahre 1998 bis 2007.

Das FG Rheinland-Pfalz sah in den unterlassenen Angaben zu den Renteneinkünften eine Steuerhinterziehung, die zur zehnjährigen Festsetzungsfrist führte. Die Angaben hierzu stellten eine nachträgliche bekannt gewordene Tatsche dar. Hiergegen stehen weder die Angaben zum Alter noch zu den Kindererziehungszeiten der Klägerin, woraus das FA das Vorliegen von Renteneinkünften hätte erkennen können oder müssen.

Hingegen seien die unterlassenen Angaben zu den Rentenbezügen in der Absicht geschehen, Einkünfte nicht zu erklären. Für die Annahme einer Steuerhinterziehung genüge es, wenn der Steuerpflichtige selbst bei einer laienhaften Bewertung der Umstände erkennt, dass ein Steueranspruch besteht, auf den er einwirken kann. Schließlich habe die Berufsangabe "Hausfrau" auch keinen Rückschluss auf die Rentenbezüge geben können, wo hingegen in den Anleitungen zu den Einkommensteuererklärungen bereits auf der ersten Seite alle Rentner zu entsprechenden Angaben aufgefordert werden.

Die - rechtskräftige - Entscheidung des FG greift zu kurz und geht an der Veranlagungspraxis der Finanzämter vorbei. Gerade das Vorliegen von Renteneinkünften lässt sich leicht und eindeutig überprüfen. Aus dem Urteil lässt sich auch nicht ablesen, weshalb dem FA diese Überprüfung im Rahmen seiner Sachverhaltsermittlung nicht möglich war. Damit wird der Amtsermittlungsgrundsatz zu Gunsten der Finanzämter ausgehöhlt.

Bedenklich ist der gerichtliche Hinweis zur Berufsangabe "Hausfrau" der Klägerin. Für die passiven Nebeneinkünfte der §§ 20 bis 23 EStG gibt es keine zutreffende Berufsangabe, die auf das Vorliegen entsprechender Einkünfte schließen ließe. Die fehlende oder fehlerhafte Angabe der Berufsbezeichnung kann deshalb nicht zu einer Steuerhinterziehung führen. Einen Beruf "Rentner" gibt es ebenso wenig wie "Pensionär" oder "Privatier".

Das Urteil liegt auf einer Linie mit anderen tendenziösen Entscheidungen deutscher Gerichte. Dasselbe FG entschied nur wenige Tage später, dass die fehlerhafte Angabe bei den Fahrten zur Arbeitstätte eine Steuerhinterziehung darstelle, auch wenn das FA dies hätte erkennen können (FG Rh.-Pf. 29.3.2011 - 3 K 2635/08, rkr.). Ebenso urteilte der Bundesgerichtshof, dass die Strafbarkeit einer Steuerhinterziehung möglich ist, auch wenn dem Finanzamt die zur Steuerfestsetzung erforderlichen Umstände bekannt sind. (BGH v. 14.12.2010 - 1 StR 275/10).

Die Entscheidung stellt eine Verlagerung des Festsetzungsrisikos zu Lasten der Steuerpflichtigen dar. Die Finanzverwaltung kann sich beruhigt zurücklehnen und die fehlerhaften Angaben der Steuerpflichtigen trotz leichter Überprüfbarkeit gelassen entgegen nehmen.

Mit dem in jüngerer Zeit in den Finanzverwaltungen eingeführten Qualitätsmanagementsystem dürfte allerdings gegen die Rechtsansicht des Finanzgerichtes gut zu argumentieren sein. Die inzwischen fast vollständige Überprüfung der Angaben in den Steuererklärungen ist der vorgeblichen Unwissenheit der Finanzverwaltung in ähnlich gelagerten Fällen entgegen zu halten. Hier dürften künftig erhöhte Anforderungen an die Amtsermittlung zu stellen sein. Die Finanzämter dürften sich dann nicht mehr ohne weiteres auf ihre fehlende Kenntnis aufgrund nicht erfolgter Überprüfung zurückziehen können.

Nach dem Alterseinkünftegesetz, das seit dem VZ 2005 die Rentenbesteuerung neu regelt, melden die Rentenversicherungsträger seit dem 1.10.2009 rückwirkend ab 2005 die Daten über die Rentenbezüge an die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA). Die Auswertung soll bis Ende 2012 andauern. Jedoch bleiben Zeiträume vor 2005 ebenfalls steuerrelevant, wenn die zehnjährige Festsetzungsfrist greift.

Die Entscheidung ist brisant, stellt sich doch für eine sehr große Zahl von betroffenen Steuerpflichtigen die Frage einer strafbefreienden Erklärung, wenn diese zurückliegend keine Renteneinkünfte erklärt haben. Soweit eine Übermittlung der Daten ab dem VZ 2005 gesetzlich vorgeschrieben ist, sollte dem Einwand unterlassener Angaben unter Hinweis auf die Übermittlungspflicht begegnet werden. In der Veranlagungspraxis zeigt sich, dass trotz dessen die Angaben in einer Vielzahl von Fällen nicht übermittelt wurden.

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